Grunderwerbsteuer fällt auf Grundstück plus Baukosten an!?! – Was Sie machen können!

Das Problem

Nehmen wir an, Sie haben ein Grundstück in einem Neubaugebiet vom Verkäufer X GmbH zu einem Kaufpreis von 100.000 € erworben.

Darauf möchten Sie ein Haus für 300.000 € (brutto) durch die Baufirma Y GmbH errichten lassen. und schließen einen entsprechenden Bauvertrag (nicht beim Notar).

An Grunderwerbsteuer kalkulieren Sie je nach Bundesland zwischen 3.500 € und 6.500 €. Über den jeweiligen Betrag erhalten Sie nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages über das Grundstück (ohne Bauverpflichtung) auch einen entsprechenden Grunderwerbsteuerbescheid vom zuständigen Finanzamt.

In den 300.000 € Baukosten für das Haus ist ein Betrag iHv ca. 47.900 € an offen ausgewiesener Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) enthalten.

Nachdem oder während Sie das Haus errichten lassen, erhalten Sie völlig unverhofft einen Änderungsbescheid des Finanzamtes bezüglich der Grunderwerbsteuer.

Das Finanzamt hat Kenntnis davon erlangt, dass Grundstücksverkäufer X GmbH und Bauunternehmer Y GmbH irgendwie, für Sie als Bauherr nicht zu erkennen, zusammenhängen.

Dies stellt ein „einheitliches Vertragswerk“ dar, weswegen die Grunderwerbsteuer nun auf den Grundstückswert (100 T€) plus Bauverpflichtung (300 T€) anfällt.

Die sogenannte Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer erhöht sich mithin von 100.000 € auf 400.000 €.

Der neue, geänderte Grunderwerbsteuerbescheid lautet je nach Bundesland auf zwischen 14.000 € und 26.000 €, also zwischen 11.500 € und 19.500 € mehr als von Ihnen kalkuliert!

Das ist schon eine erhebliche Mehrbelastung für jeden Bauherrn.

Die Lösung

Hier sollten Sie den Kopf jedoch nicht in den Sand stecken, in jedem Unglück findet sich auch immer ein Glück (Unglück).

Der Frust über die Grunderwerbssteuer auf Grundstückskaufvertrag plus Bauvertrag kann schnell verfliegen, wenn Sie einen Blick in § 4 Nr. 9 a) des Umsatzsteuergesetzes wirft.

Danach fallen Vorgänge nicht unter die Umsatzsteuerverpflichtung, wenn die Umsätze unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen.

Im eingangs geschilderten Beispielsfall wäre danach die Umsatzsteuer des Bauvertrages mit der Y GmbH in Höhe der MwSt = ca. 47.900 EUR nicht angefallen und – eine entsprechende oberlandesgerichtliche Rechtsprechung bestätigt dies –  kann von der Y-GmbH zurückverlangt werden.

Kontakt

Eine Überprüfung könnte für Sie interessant sein, wenn:

  • Sie einen Grundstückskaufvertrag mit einer anderen Person/Gesellschaft geschlossen haben als den Bauvertrag
  • der Bauvertrag Umsatzsteuer offen ausweist
  • das Ganze noch keine drei Jahre her ist (Datum der Schlussrechnung des Bauvertrages)
  • und Sie Grunderwerbsteuer auch auf den Bauvertrag zahlen mussten.

Kontaktieren Sie uns für Ihre kostenlose Erstberatung und lassen Sie Ihren Bauvertrag und Grunderwerbssteuerbescheid von uns rechtlich prüfen!

EXKURS Steuerrecht

Ob ein Einspruch gegen den Änderungsbescheid Sinn macht, ist äußerst fraglich, da es hier einen Streit zwischen dem II. Senat des Bundesfinanzhofes (Grunderwerbsteuersenat) und dem V. und XI. Senaten des Bundesfinanzhofes (mit Umsatzsteuer befasst) gibt.

Der für die Grunderwerbsteuer zuständige II. Senat des BFH, der letztinstanzlich für eine Entscheidung über einen Einspruch gegen den Änderungsbescheid zuständig wäre, da der II. Senat die Grunderwerbs-Besteuerung einer Fiktion („fiktiver einheitlicher Leistungsgegenstand“) zulässt.

Das Niedersächsisches Finanzgericht hat die Gemengelage mit Beschluss vom 22. März 2018 – 7 K 150/17 treffend zusammengefasst:

Während nach Auffassung des II. BFH-Senats eine Einheit zwischen dem Grundstückskauf- und Bauerrichtungsvertrag auch angenommen werden kann, wenn – wie hier – auf der Veräußererseite mehrere Personen auftreten, kann ein einheitliches Vertragswerk nach Auffassung des V. sowie des XI. Senats nur vorliegen, wenn Personenidentität zwischen dem Veräußerer und dem Bauunternehmer besteht (so BFH vom 30.1.2008 V B 120/07, juris, mit weiteren Nachweisen, vom 12.2.2009 XI B 76/08, juris). Die zwei vom II. Senat des Bundesfinanzhofs herangezogenen Urteile des V. Senats des Bundesfinanzhofs zum Beweis der angeblichen Nicht-Divergenz sind Ausnahmeentscheidungen; hier hatte der V. Senat des Bundesfinanzhofs ausnahmsweise keine Umsatzsteuer auf Baukosten anfallen lassen, weil auf der Veräußererseite nicht mehrere – wie hier -, sondern nur ein Veräußerer bzw. eine Organschaft handelte.