Bauherren können Mehrwertsteuer zurückverlangen

Aktuelles Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgericht entlastet Häuslebauer erheblich!

Es ist häufig ein Schock für Bauherren, wenn ein geänderter Grunderwerbssteuerbescheid des Finanzamts kommt. Dies geschieht insbesondere, wenn die Finanzbehörden nicht nur den Kaufpreis des Grundstücks bei der Bemessung der Steuer herangezogen haben, sondern auch die Kosten der Bauleistungen für die Errichtung des Hauses.

Dieser erhöhte Steuerbescheid hat für den Bauherrn aber einen anderen erheblichen finanziellen Vorteil, auf den das Brandenburgische Oberlandesgericht in seinem aktuellen Urteil vom 10.10.2024 hingewiesen hat: Er kann vom Bauunternehmer die Mehrwertsteuer auf die Bauleistungen zurückverlangen. So hat im Übrigen auch jüngst das LG Oldenburg erstinstanzlich in einem Urteil vom 30.09.2024 in einem vergleichbaren Verfahren entschieden.

Welche Fälle sind betroffen?

Der Grundstückskaufvertrag und der Bauvertrag zur Errichtung des Hauses werden häufig in zwei unterschiedlichen Verträgen geschlossen. Wird dabei der Bauvertrag vor dem Grundstücksvertrag geschlossen, also bevor der Bauherr überhaupt ein Grundstück hat, gehen die Finanzbehörden von einem einheitlichen Vertragswerk aus, da beide Verträge quasi aus einer Hand kommen (die Reihenfolge kann aber auch andersherum sein: erst Grundstück, dann Bauvertrag). Dies gilt sogar dann, wenn der Verkäufer des Grundstücks und der Bauunternehmer verschiedene juristische Personen sind.

Rechtliche Folge

Die höhere Bemessung der Grunderwerbssteuer wirkt sich allerdings positiv für die Bauherren auf die Umsatzsteuer bzgl. der Bauleistungen aus. Denn nach § 4 Nr.9a Umsatzsteuergesetz sind alle Grundstücksumsätze steuerbefreit. Werden demnach die Bauleistungen bei der Grunderwerbssteuer berücksichtigt, fällt auf sie keine Umsatzsteuer an.

Rückforderung der Mehrwertsteuer

In der Praxis sind zum Zeitpunkt der geänderten Grunderwerbssteuer die Bauleistungen inklusive Mehrwertsteuer schon im Wesentlichen an den Bauunternehmer bezahlt. Der Bauherr kann diese Mehrwertsteuer vom Bauunternehmer zurückfordern, wenn

– Die Mehrwertsteuer im Bauvertrag und den Rechnungen ausgewiesen war (Nettopreisvereinbarung)

– Der Bauunternehmer kann sich dann nicht darauf berufen, dass er die Mehrwertsteuer bereits an die Finanzbehörden abgeführt hat und die Beträge bei ihm nicht mehr vorhanden sind.

Beispielrechnung:

100.000,- € Grundstückskaufpreis
5.000,- € Grunderwerbsteuer (z.B. 5 % in Niedersachsen)
476.000,- € Bauleistungen (brutto, inkl. 76.000,- € Mehrwertsteuer)
581.000,- € eingeplante Gesamtkosten

Finanzamt nimmt einheitliches Vertragswerk an
28.800,- € Grunderwerbsteuer auf Grundstück zzgl. Bauleistungen (geänderte Bemessungsgrundlage sind 576.000,- €)
604.800,- € Gesamtkosten durch geänderte Grunderwerbsteuer
23.800,- € Differenz zu den eingeplanten Gesamtkosten

Rückforderung Mehrwertsteuer vom Bauunternehmer
76.000,- € Mehrwertsteuer (Rückforderungsbetrag)
23.800,- € erhöhter Grunderwerbsteuerbetrag
528.800,- € Gesamtkosten nach Rückforderung Mehrwertsteuer
52.200,- € Vorteil gegenüber den eingeplanten Gesamtkosten für den Bauherrn!

Achtung: Ansprüche rechtzeitig geltend machen!

Auch der Rückforderungsanspruch der Mehrwertsteuer verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren zum Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat klargestellt, dass die Frist mit der Kenntnis des Bauherrn vom geänderten Grunderwerbssteuerbescheid beginnt.  

Ein Beispiel: Hat er den geänderten Bescheid am 14.03.2021 erhalten, verjähren seine Ansprüche auf Rückzahlung zum 31.12.2024. Dann müsste er noch in diesem Jahr reagieren und die Verjährung unterbrechen oder hemmen, beispielsweise durch eine Klage.

Wenn Sie also einen geänderten Grunderwerbssteuerbescheid 2021 erhalten haben, müssen Sie noch 2024 handeln. Lassen Sie ihren Grundstückskaufvertrag und den Bauvertrag durch einen Anwalt prüfen, ob ein Rückzahlungsanspruch der gezahlten Mehrwertsteuer besteht.

Ihr Ansprechpartner für eine kostenlose Erstberatung ist RA Jens Grützmacher

Doppelbesteuerung beim Bauträgervertrag

Doppelbesteuerung beim Bauträgervertrag

Der Traum von den eigenen vier Wänden lässt sich besonders leicht realisieren, wenn man den Grundstückskauf und die Bauverpflichtung über einen sog. Bauträgervertrag in eine Hand abgibt.

Ein Beispiel für einen typischen Bauträgervertrag:

Das Grundstück kostet 50.000 EUR und das zu errichtende Einfamilienhaus  200.000 EUR, macht ein Gesamtpaket von 250.000 EUR (incl. ca. 32.000 EUR Umsatzsteuer auf die Bauverpflichtung).

Dabei kann es im Einzelfall auch dazu kommen, dass zwei Verträge (Grundstückskaufvertrag und Bauvertrag) mit zwei unterschiedlichen Vertragspartnern geschlossen werden, die aber im Ergebnis zusammenwirken.

Das Finanzamt nimmt als Grundlage der Besteuerung nicht allein den Grundstückswert von 50.000 EUR sondern das Gesamtgeschäft von 250.000 EUR und wird eine entsprechend hohe Grunderwerbssteuer festsetzen (bei 5% GrErwSt sind das 12.500 EUR).

Der Frust über die Grunderwerbssteuer auf den gesamten Bauträgervertrag kann schnell verfliegen, wenn man einen Blick in § 4 Nr. 9 a) des Umsatzsteuergesetzes wirft.

Danach fallen Vorgänge nicht unter die Umsatzsteuerverpflichtung, wenn die Umsätze unter das Grunderwerbssteuergesetz fallen.

Im eingangs geschilderten Beispielsfall wäre danach die Umsatzsteuer des Bauträgervertrages in Höhe der MwSt = ca. 32.000 EUR nicht angefallen und kann vom Bauträger zurückverlangt werden. Eine Überprüfung könnte für Sie interessant sein, wenn:

  • Sie einen Bauträgervertrag geschlossen haben,
  • dieser Umsatzsteuer enthält
  • und Sie Grunderwerbssteuer zahlen mussten.

Kontaktieren Sie uns für Ihre kostenlose Erstberatung und lassen Sie Ihren Bauträgervertrag und Grunderwerbssteuerbescheid von uns rechtlich prüfen!